Der buddhistische Pilgermönch Tang Hiuen Tsiang begibt sich zusammen mit drei Gefährten auf die Suche nach heiligen Schriften in der westlichen Welt. Als er auf der Reise um Almosen bettelt, trifft er auf sechs bezaubernde junge Frauen, die ihn in ihre Höhle einladen. Dort herrscht die Spinnenkönigin, die alles versucht, um Tang zu verführen und zur Heirat zubewegen. Ein Entkommen scheint undenkbar. Doch in der Zwischenzeit kämpfen seine Gefährten gegen die Spinnenschwestern, um ihren heiligen Mönch zu befreien…
DIE HÖHLE DER SPINNENFRAUEN basiert auf Motiven des Romans »Die Reise nach Westen«, einem mehrfach verfilmten Klassiker der chinesischen Literatur aus dem 16. Jahrhundert. Der Film ist ein frühes Beispiel des magisch-geistigen Films (»the magic-spirit film«) – ein Genre, das in den späten 1920er Jahren in Schanghai sehr beliebt war und von dem nur sehr wenige Beispiele erhalten sind. So galt auch DIE HÖHLE DER SPINNENFRAUEN jahrzehntelang als verschollen, bis der Film 2011 in der Nationalbibliothek Norwegens wiederentdeckt wurde. Er ist der einzige Film der Shanghai Photoplay Company, der heute noch existiert. Gezeigt wird die restaurierte 35mm-Kopie der Norwegischen Nationalbibliothek, die Zwischentitel in chinesischer und norwegischer Sprache enthält
Einführung: Tina Anckarman (Nasjonalbiblioteket / The National Library of Norway)
Eins der Wunder unserer Zeit ist es, wenn Filmschätze vergangener Zeiten wieder auftauchen. Und so war es eine Sensation, als im Jahr 2011 in der Nationalbibliothek Norwegens eine Kopie des verloren geglaubten chinesischen Stummfilms – THE SPIDERS CAVE / THE CAVE OF THE SILKENWEB / THE SPIDERS gefunden wurde. Nach seiner Restaurierung in Norwegen wurde er an das Filmarchiv Beijing zurückgegeben. [...]
PAN SI DONG wurde 1927 von Dan Duyu (1897-1972)für die Shanghai Photoplay Company gedreht und gilt als früheste Verfilmung einer Episode aus dem Roman Die Pilgerreise nach dem Westen. Der fertige Film wurde ein Erfolg in China, sodass man 1929 ein Sequel in die Kinos brachte.
Der Film folgt dem Mönch Xuanzang und seinen drei Begleitern auf ihrem Weg nach Westen, ins heutige Indien, von wo sie Buddhas heilige Schriften nach China bringen sollen. Sie kommen zu einer Höhle, die von sieben schönen Frauen bewohnt wird, die versuchen, den Mönch und seine Begleiter zu fangen und zu verführen und in ihr Netz der Liebe einzuspinnen. Die Frauen sind jedoch verkleidete Spinnengeister. [...]
Der Regisseur Dan Duyu oder auch Darwin Du, hatte 1920 die Shanghai Photoplay Company gegründet. Er war als Maler bekannt für seine meist nackten Kalenderschönheiten, mit denen er ein florierendes Geschäft betrieb. Sein Hobby war die Photographie, was dazu führte, dass er auch eine Filmkamera erwarb und den Umgang mit ihr erlernte. Dem Regisseur lag die ästhetische Gestaltung seiner Bilder besonders am Herzen und er legte großen Wert auf Beleuchtung, Bühnenbild und Kameraposition. So sollte die Höhle der Spinnengeister zugleich realistisch und fantastisch wirken. [...]
Schriftlichen Quellen zufolge die größte Attraktion des Films waren die schwimmenden Spinnengeister von einer Unterwasserkamera gefilmt. Diese Technik kam hier erstmalig in China zum Einsatz. Aber leider fehlt die Szene. Möglicherweise fiel sie der Zensur zum Opfer, weil sexy schwimmende Spinnenfrauen nicht in das europäische Bild von China passten? Wir werden es wohl nicht mehr erfahren. Man sieht lediglich die Frauen, wie sie sich vorbereiten, baden zu gehen.
Zhang Zhen erklärt die Spinnenfrauen in An Amorous History of the Silver Screen zum Prototyp der nüxia 女侠, der martial heroines, die um diese Zeit begannen, die chinesischen Leinwände zu erobern. Doch nichts liegt ferner, als hier von Kampfkunst zu sprechen. Denn die dilettantisch mit dem Schwert herumpieksenden Spinnengeister sind schon erstaunlich. Zumal Sun Wukong und andere Filmfiguren virtuos und ganz offensichtlich operngeschult mit Waffen umgehen. Die Nähe zur Oper übrigens wird in der Szene des Hochzeitsfestes an Kostümen und Masken der hier versammelten irdischen und überirdischen Gäste besonders augenfällig.
Das Wiederauffinden von PAN SI DONG (盘丝洞) bleibt ein großer Glücksfall in der Filmgeschichte.
Peggy Kames, sinofilia.com, Januar 2016