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An der Universität in einer »altertümlichen Stadt, wo der Faschismus an der Macht ist« (so ein Zwischentitel) führt der Biologieprofessor Karl Zange bahnbrechende Vererbungsforschung an Salamandern durch. Zanges evolutionstheoretische Weltauffassung verstößt gegen die Interessender bürgerlichen Elite und der Kirche, die den Status quo und den konservativen Glauben an die gottgegebene erbliche Aristokratie bewahren wollen. Ein adliger Student, ein Jesuitenpater und ein dämonischer Baron schmieden daher den Plan, Zange zu diskreditieren. Nachdem dieser seinen Job, seinen Ruf, seine Frau und all sein Geld verloren hat, steht er kurz vor dem Selbstmord. Doch eine Einladung von unerwarteter Seite bringt die Rettung.
Außenaufnahmen von Originalschauplätzen in Berlin, Erfurt, Leipzig und München verschmelzen in der Erzählung zu einer fiktiven deutschen Stadt. Das Drehbuch dieser ersten Koproduktion der linksorientierten Berliner Firma Prometheus-Film mit der sowjetischen Mežrabpomfil'm stammte aus der Hand des damaligen sowjetischen Volkskommissars für Aufklärung. Es ist daher nicht überraschend, dass der Film seinerzeit für eine große Kontroverse in Deutschland sorgte. Nachdem die konservative Presse ihn als »antideutschen Hetzfilm« angeprangert hatte, wurde SALAMANDRA von der Reichsfilmzensur schließlich verboten. Vor dem Hintergrund aktueller weltpolitischer Geschehnisse und gesellschaftlicher Entwicklungen lädt der Film heute zu neuen Lesarten und Interpretationsansätzen ein. Der Präsentation der neuen digitalen Restaurierung des Bundesarchivs wird eine Einführung vorangestellt. Im Anschluss findet eine Diskussion mit dem Publikum statt.
Der tragische Fall des berühmten Wissenschaftlers Paul Kammerer, sein rätselhafter innerer Zusammenbruch und sein unverständlicher Selbstmord im Semmeringgebiet ist noch lebhaft in Erinnerung. Der bedeutende Biologe, der sich mit seinen genialen Tierexperimenten einen Namen in der ganzen wissenschaftlichen Welt verschafft hatte, griff unerwartet, unmittelbar vor seiner Rußlandreise nach dem Revolver.
Eine Art Romantik umschwebte das Leben und Wirken und das jähe Ende dieses österreichischen Genies. Die russische Filmkunst, diese vollblütige und mit der Gegenwart in engem Zusammenhang stehende Kunst, errichtete dem großen österreichischen Forscher, der zugleich eine Zierde der Internationale der Wissenschaft war, ein Denkmal.
„GEGENDEN STROM“ heißt das neue Filmstück, welches unlängst in den Ateliers des Moskauer „Meschrabpom“ Films gedreht und unter Heranziehung namhafter deutscher Künstler beendet wurde. Der Volkskommissar für Unterrichtswesen Lunatscharsky, der Förderer der wissenschaftlichen Arbeit Paul Kammerers, hat nun mit dem sicheren Griff des Künstlers dieses tragische Leben zu einem Film bearbeitet. Allerdings mit der Freiheit des Künstlers. Weit über die individuelle Tragik Kammerers kommt in diesem Film der Kampf der einander gegenüberstehenden Weltauffassungen, der Zusammenstoß zweier einander feindlich gesinnten Welten zum Vorschein. Der Held des Films ist ein Professor, der mit seinen Experimenten an lebendigen Salamandern den wissenschaftlichen Grundsatzbeweisen will, daß mit der Änderung des Milieus, der Umwelt, auch die Eigenschaften des Individuums, des Einzelnen, sich ändern müssen. In gesellschaftlichem Sinne soll das heißen: es gibt keine ehernen Rassen, es existieren keine von Gott gegebenen bevorzugten Klassen. Kein Wunder, wenn im Film auch gegen diese wissenschaftliche Feststellung die ganze Welt der Reaktion in hellem Aufruhr steht. [...]
Lunatscharsky und die deutsch-russischen Künstler haben weit über die individuelle Tragödie Paul Kammerers, ein interessantes Zeitbild geschaffen: den Kampf zwischen Weltauffassungen der Gegenwart.
Dr. L. K. in: Die Bühne (Wien), 5. Jg., Nr. 208, 1.11.1928.